Urlaubsgepäckfahrt auf der Oder von Wrozlaw (Breslau) nach Szczecin (Stettin)

23. Juni 2008

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Seit einigen Jahren unternehmen wir in unserem Verein (Mannheimer Kanu-Gesellschaft 1922 e.V.) 2-3-wöchige Wanderfahrten um zuerst einmal die großen deutschen Flüsse kennen zu lernen.

Die erste Fahrt startete an unserem Bootshaus am Neckar und ging weiter auf dem Rhein bis Emmerich an der holländischen Grenze. Das Durchschnittsalter der 12 Teilnehmer war ca. 60 und für einige von ihnen war es die erste Gepäckfahrt.

Die 2. Tour war auf der Elbe und ging in 3 Wochen von Decin in Tschechien bis zur Fähre Lenzen, ca. 20 km nach Wittenberge.

Die 3. Tour im vergangenen Jahr starteten wir in Kleinvach an der Werra und fuhren in 2 Wochen bis Bremen .

Der Wunsch unserer Mitglieder war, als nächstes die Oder zu fahren. Da meine Frau und ich schon verschiedentlich in Polen zum paddeln waren und sowieso immer die Touren ausarbeiten ging die Planung schon bald los. Doch dann entdeckten wir, dass genau zu dem von uns geplanten Zeitpunkt auf „unserer“ Strecke eine internationale Fahrt des polnischen Kanuverbandes stattfindet. Da ich es komisch fände neben so einer Fahrt herzufahren nahm ich Kontakt mit dem Verantwortlichen für die deutschen Teilnehmer auf und bald war klar, dass wir mit 16 Teilnehmern bei dieser Fahrt mitfahren werden.

Nun laufen zu Hause bei uns die Vorbereitungen für die Gepäckfahrt, überall liegen schon die fertig gepackten Kleidersäcke herum. Morgen laden wir unsere 2 Boote, die Kleidersäcke und die 2 Boote und das Gepäck von Freunden, die aus beruflichen Gründen erst im letzten Moment per Flieger bzw. Bus nach Breslau kommen können, auf unser Wohnmobil.

Im Laufe des Mittwochvormittag werden wir starten und irgendwo am Abend das Halbfinale Deutschland : Türkei ansehen. Am Donnerstag werden wir dann in Breslau ankommen und uns auf die Fahrt einstimmen. Wenn es mir gelingt werde ich ab und zu von Internetcafes aus weiterberichten.

Da die Sache mit den Internetcafes nicht möglich war werde ich den Bericht nun nachträglich schreiben.

Wir fuhren also über Chemnitz, an Dresden vorbei, durch Bautzen und Görlitz nach Breslau. Dafür nahmen wir uns ein paar Tage Zeit um diese Städte ein bisschen kennen zu lernen. Hier wurde viel restauriert, es sieht dort in weiten Bereichen richtig gut aus. Allerdings sind auch noch viele nicht so schöne Ecken zu sehen.

In Breslau trafen wir mit den übrigen Teilnehmern auf einem Militärgelände zusammen, bauten unsere Zelte auf und brachten die Autos auf einen bewachten Hotelparkplatz, auf dem sie die nächsten 2 Wochen bleiben sollten.

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Am 1. Tag wurden wir zu einer Stadtbesichtigung eingeladen, die von einer gut deutsch sprechenden Polin geführt wurde.

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Sie führte uns einige Stunden durch die Stadt zu den markanten Orten und erklärte sie sehr ausführlich. Danach waren wir auf uns gestellt und erkundeten in kleinen Gruppen den Innenstadtbereich.

Am nächsten Tag wurde dann die Fahrt durch die beiden Fahrtenleiter offiziell eröffnet. Nach alter Tradition trat man mit dem Paddel in der Hand an, dann erklärte Hilmar die Gefahren der Fahrt auf der Oder durch den Schiffsverkehr und die Bojen in der „Strömung“. Für uns, die wir den Rhein gewöhnt sind, war die Oder allerdings ein sehr ruhiger Fluss. Das erste Schiff sahen wir nach 3 oder 4 Tagen und insgesamt konnte man alle Schiffsbegegnungen der 2 Wochen an 2 Händen abzählen.

Am 1. und 2. Tag mussten wir jeweils eine Schleuse passieren, daher mussten wir beisammenbleiben um gemeinsam einfahren zu können. Danach sah aber alles ganz anders aus. Bis zur Ostsee war nun freie Fahrt und der größte Teil der Teilnehmer fuhr dann auch mit hohem Tempo den Tageszielen entgegen. Wir Mannheimer ließen uns allerdings nicht anstecken und fuhren relativ entspannt mit einigen wenigen anderen deutschen und den meisten polnischen Teilnehmern der schnellen Truppe hinterher.

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So konnten wir die Tage recht gut ausnutzen, mussten uns allerdings meistens auch mit den schlechtesten Zeltplätzen begnügen.

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Mit der Zeit bekamen wir aber eine gewisse Routine und bekamen auch schöne Plätze für unsere Zelte.

Die erste Woche bewegten wir uns ausschließlich auf polnischem Gebiet, an der Oder sind nur selten Ortschaften oder Brücken zu sehen. Man ist auf dem Fluss ziemlich einsam und durch das unterschiedliche Tempo der einzelnen Paddler zieht sich so eine Gruppe auch sehr weit auseinander. Meistens waren wir in kleinen Gruppen zusammen und trafen mit den anderen erst wieder an den Rastplätzen zusammen. Die Länge der Tagesetappen lagen meist bei ca. 40 km, es gab aber auch vereinzelte Streckenlängen über 50 bis zu 62 km. Da die Übernachtungsplätze bekannt waren konnte man sich also die Fahrt recht gut einteilen. Das Wetter meinte es auch gut mit uns, meistens war es sehr heiß, dafür hatten wir aber auch keinen Gegenwind, der sonst auf diesen Streckenabschnitten häufig anzutreffen ist. Bei Eisenhüttenstadt überquerten wir die Grenze nach Deutschland, hier hatten wir dann auch mal richtige Regenschauer beim Aufbau der Zelte.

Die Mitglieder des kleinen Kanuvereins in Eisenhüttenstadt hatten sich excellent auf die Oderfahrer eingerichtet. Sie hatten Pavillons und Biertischgarnituren aufgestellt und als es zu regnen begann, die Bootshalle zum Aufenthaltsraum umfunktioniert. Dazu gab es ein leckeres Essen, so dass die Mühen der Anfahrt (2,5 km Kanal und scharfer Gegenwind) bald vergessen waren. Am nächsten Tag ging es dann schon wieder weiter, Frankfurt an der Oder war das Ziel, an dem ein Ruhetag eingeplant war.

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Beim Ruderclub durften wir auf einer ungemähten Unkrautwiese zelten, es gab für uns auch keine Getränke, da die nur für die „Aktiven des Vereins“ vorgesehen waren. Da auch keine Geschäfte in der Nähe waren gingen wir halt in die Stadt um eine Kneipe zu suchen. Frankfurt ist die Geburtsstadt von Heinrich von Kleist und genau an diesem Wochenende gab es ein Kleistfest. Wir sahen div. Aufführungen von Theater- und Musikgruppen, doch der Höhepunkt dürfte die Aktion des „Pixelkünstlers“ Prof.  Dr. Christoph Breidenich gewesen sein. Auf einer Leinwand, bestehend aus 300 Einzelteilen (Pixeln) stellte er eine Szene aus einem Kleiststück dar.

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Kaum war es gemalt, wurden die einzelnen Leinwände an das Publikum vergeeben.

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Wir hatten Glück und bekamen auch welche ab.

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In Frankfurt hatten wir auch eine ausführliche Stadtführung, bei der wir allerhand über die Geschichte und die heutige Zeit Frankfurts erfuhren. Natürlich besuchten wir auch die Nachbarstadt Slubice in Polen und kauften einige Vorräte ein.

An den nächsten Tagen paddelten wir auf deutschem Gebiet mit teilwese sehr starkem Gegenwind weiter bis Schwedt, wo der nächste Ruhetag vorgesehen war. Hilmar, unser deutscher Fahrtenleiter führte uns ins Naturschutzzentrum im Oderbruch, dessen Besuch  sehr empfehlenswert ist. Die Oder wurde nun immer ruhiger und breiter, sie hatte auch viele Abzweigungen ins Oderbruch, wir hielten uns aber an die Hauptfahrrinne im westlichen Oderarm und fuhren über die Schwedter Querfahrt zur Hauptoder weiter.

Die beiden letzten Etappen lagen wieder auf polnischem Gebiet und am Freitagabend war dann auch schon die Abschlussveranstaltung mit div. Ehrungen  der Teilnehmer.

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Leider regnete es hier in Strömen, so dass der „gemütliche Abend“ nicht all zu lange dauerte.

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Die letzte Etappe nach  Szcezecin (Stettin) führte uns teilweise durch das Naturschutzgebeit, hier musste man aufpassen, dass man nicht den Kontakt zur „schnellen Truppe“ verlor um sich nicht in den vielen Armen zu verfahren. Am Nachmittag kamen wir dann kurz vor Stettin aufs offene Wasser der Oder, die sich hier zum See verbreiterte.

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Nach der Eisenbahnbrücke ging es rechts in den See von Darbie und nach kurzer Fahrt waren wir am Ziel beim Campingplatz.

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In Stettin hatten wir nochmals eine Stadtführung und konnten uns dank kundiger Führung in die Probleme der Stadtgeschichte hinein versetzen.

Für uns Mannheimer ging es dann anschließend darum, wieder an unsere Autos zu kommen.

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Dank der polnischen Bahn ging das reibungslos und billig (ca. 15 Euro bis Breslau mit dem D-Zug). Dort konnten wir unsere Autos in Empfang nehmen und wieder nach Stettin zurück fahren. Nun trennte sich die Gruppe. Die einen wollten an die Ostsee und wir fuhren mit insgesamt 3 Teams weiter an die Drawa, um diesen Fluss, den schon Papst Johhanes Paul II (Woytila) in seiner Jugend mit dem Paddelboot befuhr, auch noch kennen zu lernen.

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Hier fuhren wir noch 2 Tagesetappen durch sehr schöne und teilweise urwaldähnliche Wasserläufe, bis wir uns dann auch auf den Heimweg machten.

Fazit:

Eine interessante und schöne Fahrt ging hier zu Ende. Wir erlebten unheimlich viel Natur, Abgeschiedenheit und relativ wenig Zivilisation, wie man es sich bei so einem großen Fluss eigentlich kaum vorstellen kann. Wir sahen in der Oder viele Muscheln und gingen in der Hitze auch gerne im Fluss baden.

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Manchmal war das Wasser nicht ganz sauber, aber in den seichten Ufer- und Sandbankzonen sah es eigentlich fast immer gut aus.

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Das Wetter spielte im großen und ganzen mit, wir hatten nur selten starken Gegenwind und nur vereinzelt Regen.

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Die Übernachtungsplätze und Wasch- bzw. Toilettengelegenheiten waren zwar gewöhnungsbedürftig, aber es ist mir schon klar, dass es problematisch ist gute Plätze für so eine große Gruppe zu finden.

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Täglich wurden wir mit einer warmen Mahlzeit verwöhnt, so dass wir uns das Kochen sparen konnten. An den ersten Tagen kam immer die gleiche Küchenmannschaft an den Übernachtungsplatz, danach wechselten die Küchen. So lernten wir recht viele polnische Spezialitäten kennen.

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Auch auf den deutschen Etappen wurden wir verköstigt, Hilmar hatte für uns gut vorgesorgt.

Wir lernten auch viele nette Leute kennen, die Bereitschaft anderen zu helfen war ebenfalls stark ausgeprägt. Wie nicht anders zu erwarten treffen auf so einer Fahrt sehr unterschiedliche Individualisten aufeinander, trotzdem gab es nur selten Grund zu Verstimmungen.

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Obwohl wir meistens weit weg von der Zivilisation waren, gelang es uns immer wieder, Biergärten oder auch Fernseher zu finden, denn in dieser Zeit lief  ja die Fußballweltmeisterschaft. Für uns war dies der 3. Urlaub in Polen, bei dem wir wie schon in den Jahren vorher feststellen konnten, dass die Polen begeisterte Paddler sind (viele junge Leute unternehmen Wandertouren mit den typischen 2er-Paddelbooten) und dass sie uns gegenüber aufgeschlossen, nett und zuvorkommend waren. Es war sicher nicht der letzte Urlaub in diesem großen und schönen Land.